[1] Propst [Henning Göde], Dekan [Lorenz Schlamau] und Kapitel des Allerheiligenstifts zu Wittenberg haben die Forderung Kf. Friedrichs erhalten, etliche Stücke des Heiltums an Gf. Philipp von Solms zu übergeben. Sie bitten den Kf., ihre Argumente gegen die Übergabe zu bedenken. [2] Auflistung mehrerer Gründe, die gegen die Herausgabe von Reliquien aus dem Stift sprechen.

[1] Durchleuchtigister hochgebornner churfurst, eurn churfurstlichen gnaden sein unser gebett gegin gott und unttertenige gehorsam dinst mit fleiß alzceit zcuvor. Gnedigister herre, e. churf. g. schreiben des heiligethumbs halben, so dem wolgeborn edlen hern Philipsen graven zcu Solems etc., pflegir zcu Coburg etc., unserm g. hern, aus e. churf. g. stifft alhie solt zcugestalt werden, haben wir unttertenigs vleiß horen lesen und vilfeltig beschwerungen darob, das heiligthumb aus der kirchen dergestalt anzcuwerden, untterteniglich bittend, e. churf. g. geruhen, die selbigen beschwerungen von uns gnediglichen zcuhoren. [2] Von ersten habin uns dy gemeyn geistlich recht hertiglich vorboten, e. churf. g. kirchen unbeweglich gutir und beweglich, dy wichtig und precioß seint (als das heiligthumb wirdiger ist dan golt und edelgestein), an sunder vorwilligung bebstlicher heiligkeit, der dy kirch als exempt yn der geistlickeit ane mittel zcustehit, nicht zcuentpfremden. Zcum andern haben e. churf. g. und andere das heilthumb got dem almechtigen und allen seinen heiligen alher vor dyß e. g. kirchen gebin, das gott der almechtig auch als bald vor diß kirchen hatt angenomen, und ist durch solch gabe der eigenthumb des heiligethumbs gots geworden vor dise und nicht vor eine andere kirchen, das wir gott dorumb an sunder erlaubung bebstlicher heiligkeit nicht wissen hie dan zcubrengen. Die dritte, das uns nicht geburt, den letzten willen der vorstorben mit hynwegreichung des heiligthumbs, als sy her bescheiden habin, zcu andern und do hyn sye das nicht gedacht lassen geraichen, so vil an uns ist, solch vormag auch unser gethan pflicht nicht. Zcum vierden mugen wir ane vormynderung der kirchen ablaß das heiligthumb nicht wegk gebin, weil ablaß zcu einem iglichen stuck ist gebin. Nu hatt genanter unser g. her von Solems ungeferlich bey zcweyhundert und LXXII partickel lassen synnen, do mit dan auch so vil hundert tag ablaß abginge. Zcum funfften habin e. churf. g. das heiligthumb lassen ordnyren nach gengin, dornach auch lassen drucken und hyn und her yn dy landt und untters volck außgehin. Nue begert gnanter unser g. her von Solems fast aus allen gengin (außgeschlossen den erstin) heiligthumb, da mit werde der außgangen druck feelen unnd das folck yn ein unandechtigkeit beweget. So mugen dy partikelen auch ane schaden unnd corrupcion nicht zcuteilet werden, wurde auch villeicht dem heiligthumb an andern enden, do ein solch concurß nicht ist als alhie, von den gnaden gots zcwye ym jar, in vorhoffen, der solle sich mit gnaden des almechtigen bessern, alzo nicht geeret wy alhie. Zcum sechsten mochte do durch ein geschrey untter das folck komen, das dy von Wittenberg yr heiligthumb und ablaß gewenigert hetten, dan leichtlich ein gerucht außkommet. Zcum sibenden were dor auß zcubefaren, das andere exempel do von nehmen mochten und auch heiligthumb hye dan bitten. Dieß und andere ursachen, so e. churf. g. aus hoehem churfurstlichem vorstant wissen meher dan wir, e. g. einfaltige capellan, wollen e. churf. g. gnediglich von uns vorstehin. So uns abir eyn ader mehir stuck heiligthumbs untter diesen landtsleuten alhie erummer vormert, berumet und bekant wurd zcugestelt, wolten wir das mit unserm gebet gegin gott mit rathe auch e. churf. g. dermasse vorgleichen, die wir gegin gott, bebstlicher heiligkeyt und e. churf. g. mit recht mochte vorantwurtten. Das wir von e. churf. g. bitten gnediglich auffzcunehmen und gnediglicher vorstehin, dan wyrs wissen zcu schreiben, wollen wir alweg als dy gehorsamen widerumb untterteniglichen vordienen.
Zitierempfehlung:
Nr. 65. In: Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung. Online-Edition: https://bakfj.saw-leipzig.de/print/65 [Datum des Zugriffs: 23.04.2024]
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