[1] Gregor Brück berichtet Hz. Johann, dass er am 22. Dezember in Saalfeld gegenüber Hz. Georg von Sachsen die von Hz. Johann befohlene Werbung in folgender Weise vorgebracht hat: [2] Brück erinnerte Hz. Georg daran, dass dieser wegen der Vorgänge in Wittenberg, Zwickau und an anderen Orten im Herrschaftsgebiet Hz. Johanns und Kf. Friedrichs an Johann geschrieben [Nr. 1391] und diesen gebeten hat, davon auch Friedrich zu berichten. [3] Dies hat Johann getan und von Friedrich am 18. Dezember einen Brief mit der Antwort erhalten, dass Johann und Georg oder Georg allein Friedrich mitteilen sollen, aus welchen Gründen man ihn für einen Ketzer wie Kg. Georg [Podiebrad von Böhmen] halten könnte. Da Friedrich und Johann bemüht sind, sich so zu verhalten, wie es christlichen Fürsten gebührt, sind derartige Vorwürfe unangemessen. Hz. Georg soll entscheiden, wie mit Kf. Friedrich gesprochen werden soll. [4] Hz. Georg hat [auf dem Reichstag] in Worms bestimmt bemerkt, dass sich Friedrich nicht für Martin Luther eingesetzt, sondern diesen seiner eigenen Verantwortung überlassen hat. Kf. Friedrich kann nichts dafür, wenn Mönche aus dem vom Kf. gestifteten Kloster [der Augustinereremiten zu Wittenberg] auslaufen. So etwas kam auch früher schon vor, und es ist besser, wenn die Mönche freiwillig gehen, als wenn sie, wie in Böhmen, mit Gewalt vertrieben werden. Hz. Johann und Kf. Friedrich können nicht mit weltlicher Gewalt dagegen vorgehen, wenn jemand das Sakrament unter beiderlei Gestalt nehmen will, da Christus es im Evangelium so eingesetzt und kein Konzil oder Papst es verboten hat. Als man in Böhmen mit Gewalt gegen diesen Gebrauch vorging, hat er sich nur umso mehr ausgebreitet. [5] Auf den Vortrag Brücks hin hat Hz. Georg folgende Antwort gegeben: Weil Georg gehört hat, dass in Wittenberg vieles erlaubt und nichts dagegen getan wird, hat er an Hz. Johann geschrieben und diesen gebeten, auch Kf. Friedrich davon zu berichten. Wegen solcher Vorgänge wird allen sächsischen Fürsten vorgeworfen, sie wären beteiligt oder würden aus Furcht vor ihren Untertanen nicht dagegen vorgehen. Georg zweifelt nicht, dass sich Johann und Friedrich als christliche Fürsten erzeigen wollen, meint aber, man muss in dieser Sache jetzt handeln, damit den Untertanen nicht zuviel erlaubt wird. [6] Die Vorfahren Hz. Johanns und Kf. Friedrichs haben hart gegen die Ketzerei, das Sakrament unter beiderlei Gestalt zu nehmen, gekämpft. Das Konstanzer Konzil hat diese Praxis für ketzerisch gehalten und auch Martin Luther meint, dass die Laien nicht unter beiderlei Gestalt kommunizieren sollen, bevor ein Konzil dies erlaubt hat. Da dies nie geschehen ist, will Hz. Georg in seinen Ländern dagegen vorgehen und hat dies auch seinen daheim gelassenen Söhnen [Hz. Johann d. J. und Hz. Friedrich d. J. von Sachsen] befohlen. [7] Etliche, die vom Studium in Wittenberg in das albertinische Herzogtum zurückgekehrt sind, wollten unter beiderlei Gestalt kommunizieren, was unterbunden wurde. Der leichtfertige [Andreas] Karlstadt hat mit dieser Praxis begonnen, worin ihm der junge [Philipp] Melanchthon wohl gefolgt ist. Wenn sie es in Hz. Georgs Ländern versuchen, soll sie der Teufel holen. [8] Kg. Georg von Böhmen ist nur deshalb für einen Ketzer gehalten worden, weil er das Abendmahl unter beiderlei Gestalt zuließ. Dies war in Böhmen aufgekommen, weil Kg. Johann von Böhmen eine Hzn. von Bayern geheiratet hatte, deren Beichtvater [John] Wyclif war. [9] Hz. Georg hat auch erfahren, dass in Wittenberg Priester mit Gewalt daran gehindert wurden, die Messe zu halten. Auch das ist Karlstadt zuzuschreiben, der die Messe wie die Apostel halten will. Hz. Georg will gern aus der Schrift gezeigt bekommen, wie die Apostel Messe hielten. Die Täter sollte man köpfen oder ertränken, Kf. Friedrich wird sie sicher bestrafen. [10] In Döbeln wollte der böse Pfarrer [Jakob Seidler] von Glashütte, der sich die Tonsur verwachsen lässt und einen langen Bart trägt, in der Pfarrkirche predigen. Als es ihm der Döbelner Pfarrer verbot, ist er mit einer Gruppe (rotten) auf das Rathaus gezogen und hat dort gepredigt. [11] Wegen solcher Vorfälle hat Hz. Georg an Hz. Johann geschrieben, damit dieser entscheidet, ob es gut wäre, sich darüber mit Kf. Friedrich zu beraten. Wenn Hz. Georg nicht außer Landes wäre, würde er an einer solchen Beratung gern teilnehmen. Georg meint, dass Johann und Friedrich selbst zu guten Entscheidungen kommen können, weiß aber nicht, ob ihnen vielleicht ein Teil der Wahrheit verschwiegen wird, wie er aufgrund der jüngst von Karlstadt, Melanchthon und anderen an Kf. Friedrich gesandten Schrift [Nr. 1356] vermutet. [12] Georg hat seinen Söhnen befohlen, Kf. Friedrich und Hz. Johann Beistand zu leisten, wenn diese sich wegen dieser oder anderer Sachen an sie wenden, und hofft, dass die ernestinischen Fürsten sich im Gegenzug ebenso verhalten. [13] Nach dieser und anderen Reden hat Brück sich bereit erklärt, Hz. Johann entsprechend zu berichten, und ist abgereist.
Zitierempfehlung:
Nr. 1431. In: Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung. Online-Edition: https://bakfj.saw-leipzig.de/print/1431 [Datum des Zugriffs: 01.07.2025]
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