Nr. 1433 Hz. Georg von Sachsen an Hz. Johann
26. Dezember 1521 (am Tag Stephani 1522) · Coburg · Brief · Ausfertigung · deutsch
A:
LATh – HStA Weimar, EGA, Reg. N 32, fol. 39r–42v (Ausfertigung, eigh., zu eigenen Händen).
B:
SächsHStA Dresden, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10299/07, fol. 58r–61r (Konzept, eigh.).
C:
LATh – HStA Weimar, EGA, Reg. N 32, fol. 63v–67v (Abschrift).
Edition:
ABKG 1, S. 237–240, Nr. 276 (Volltext).
Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen. Bd. 1: 1517–1524, hrsg. von Felician Gess. Leipzig 1985. <https://slub.qucosa.de/api/qucosa%3A33804/attachment/ATT-0/>.
[1] Hz. Georg von Sachsen nimmt gegenüber Hz. Johann Bezug auf die von Gregor Brück im Auftrag Johanns, der sich zuvor mit Kf. Friedrich ausgetauscht hatte, in Saalfeld getane Werbung [vgl. Nr. 1431] und benennt einige der dabei thematisierten Punkte: Störung der Messen, Auslaufen der Mönche aus dem Kloster [der Augustinereremiten] zu Wittenberg und Kommunion unter beiderlei Gestalt. [2] Brück war auch auf die in Hz. Georgs letztem Schreiben an Johann enthaltene Äußerung, Kf. Friedrich könnte wegen dieser Vorgänge wie der als Ketzer beschimpfte Kg. Georg [Podiebrad von Böhmen] angesehen werden, eingegangen, welche der Kf. zurückwies, da er sich Martin [Luthers] Sache nie angenommen und sich immer wie ein christlicher Fürst verhalten hat. Hz. Georg konnte in Saalfeld nur eine eilige Antwort geben und teilt nun seine weiteren Überlegungen mit. [3] Hz. Georg bezweifelt nicht, dass Kf. Friedrich vernünftig und christlich handeln wird, und hat gehört, dass der Kf. bereits damit beginnt, gegen diejenigen, welche die Messen stören, vorzugehen. Sicher wird Friedrich auch diejenigen bestrafen, die mit ihrer Lehre dazu angestiftet haben. [4] Gegenüber den entlaufenen Mönchen soll man sich so verhalten, dass sie sich ins Kloster zurücksehnen, was Friedrich gewiss tun wird. [5] Dass Kf. Friedrich die Kommunion unter beiderlei Gestalt zulässt, geschieht vielleicht eher deshalb, weil der Kf. über Georgs Behauptung, man könnte Friedrich mit Kg. Georg vergleichen, verärgert ist und weniger, weil der Kf. es gut heißt. Friedrich kann leicht ermessen, welcher Schaden daraus entstehen kann. [6] In Böhmen ist aus einem kleinen Funken ein großes Feuer entstanden, nachdem zunächst [John] Wyclif als Beichtvater einer böhmischen Kgn. gewirkt und sich gegen die christliche Kirche und den Papst gewandt hat. Infolgedessen wurden Geistliche geschmäht und Kirchengüter enteignet, so dass es bald nur noch arme und unfähige Priester gab. Daraus resultierte eine Verachtung der Gottesdienste, und bald dachte sich jeder seinen eigenen Glauben aus. Zur Strafe leben die Böhmen heute ohne jedes Gesetz und Recht. Durch Martin [Luther] wird nun plötzlich ein Großteil der böhmischen Lehren wieder aufgegriffen. Deshalb hat Hz. Georg den Vergleich zu Kg. Georg gezogen, was ihm inzwischen leidtut. [7] Hz. Johann weiß um die Verwandtschaft ihrer beiden Väter [Kf. Ernst und Hz. Albrecht von Sachsen] zu Kg. Georg. Gewiss wären sie Kg. Georg nachgefolgt, wenn dies möglich gewesen wäre, ohne das eigene Seelenheil zu gefährden. Stattdessen wendeten sie die Ausbreitung der falschen Lehre ab und versuchten, Kg. Georg davon abzubringen, was durch seinen Tod verhindert wurde. [8] Dafür wurden die Länder [Kf. Ernsts und Hz. Albrechts] mit Frieden, Reichtum und ertragreichen Bergwerken gesegnet. Durch die genannten Vorgänge werden Frieden, Reichtum und Seligkeit der Fürsten nun gefährdet. Hz. Johann soll berücksichtigen, dass seit dem Aufkommen von [Luthers] Lehre die Einnahmen aus den Bergwerken nicht zugenommen haben. Auch die Tugenden und das, was zum Seelenheil dient, nehmen ab, wenn Mönche und Nonnen durch Predigten eher aus dem Kloster heraus als in dieses hineingebracht werden. Der Friede ist gefährdet, da es wegen [Luther] in jedem Haus Streit gibt. [9] Hz. Johann darf denen nicht glauben, die behaupten, in dieser Zeit sei das Evangelium wieder bekannt geworden, denn sie schmeicheln sich damit selbst. Hz. Georg erinnert sich, dass man auch vor 40 Jahren das Evangelium gepredigt hat und es damals um den Glauben besser stand als heute. Georg hofft, dass die Böswilligen sich nicht durchsetzen, die alle von dem der Kirche schuldigen Gehorsam abbringen wollen. Gott wird diejenigen davor behüten, die es wollen. [10] In der Kirche sind viele gute Dinge erhalten, die weder im Evangelium noch im Kirchenrecht vorkommen, die sich aber durch langen Gebrauch bewährt haben. Diese dürfen nicht leichtfertig aufgrund eines untauglichen Menschen, sondern nur durch allgemeine Erkenntnis der christlichen Kirchen geändert werden. [11] Hz. Georg hat dies alles vorgebracht, damit Hz. Johann ihn entschuldigt und die Entschuldigung auch an Kf. Friedrich weitergibt. Georg schrieb aus Mitleid und zur Warnung und bittet Hz. Johann, sich als christlicher Fürst zu erzeigen. Falls Georg die Werbung Brücks falsch verstanden hat, soll ihm Johann dies mitteilen, damit er eine bessere Antwort geben kann.
Zitierempfehlung:
Nr. 1433. In: Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung. Online-Edition: https://bakfj.saw-leipzig.de/print/1433 [Datum des Zugriffs: 01.07.2025]
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