[1] Kf. Friedrich hat das Schreiben des Kapitels des Allerheiligenstifts zu Wittenberg wegen des Archidiakons Andreas Karlstadt und der Statuten erhalten. [2] Er äußert Unverständnis über das Vorgehen Karlstadts in dieser Angelegenheit und darüber, dass das Kapitel ihn in Schutz nimmt. Friedrich erinnert die Stiftsherren an ihre vor einiger Zeit geäußerte Klage über den Ungehorsam Karlstadts und erneuert seinen Befehl, dass sie Karlstadt anweisen, sein Vorhaben aufzugeben. [3] Der Kf. übt Kritik an den Vorwänden und Ausflüchten der Stiftsherren zu den Statuten und wirft ihnen vor, dass sie grundlos und mutwillig deren Vollzug verhindern. [4] Kf. Friedrich befiehlt, dass das Kapitel die Statuten ohne Veränderungen entsprechend seiner vorherigen Zustimmung vollzieht.

[1] Got walds. Von gots gnaden, unsern grus zuvor. Erwirdigen, wirdigen, hochgelarten und erbaren, lieben andechtigen, als ir unns ytzo doctor Andreas Karlstat, archidiaconen, auch der statuta halben geschriben, haben wir alles inhalts vernommen. [2] Und nach dem uns dann doctor Karlstat von wegen dißer sachen hievor etlich malh selbs geschriben und sich in denselben schreyben understanden, seinem furnemen vermeynte ursachen zu schopffen, die ime aber durch uns abgewendt, und wir ime letzlich geschriben, so hetten wir uns versehen, wu ime daruber nod gewest, weyter an uns zugelangen, dafur wir es doch nit achten mogen, er wurd solchs durch sich und nit durch euch getan haben. Nach dem ir dann auch wist, welcher gestalt ir in gemeyn auch euer etlich besonder euch hievor gegen uns beclagt, daz sich derselb doctor Karlstat ungehorsamlich gegen euch gehalten und ir den uf unser furschrifft widerumb habt einkommen lassen, so hetten wir uns nach vil weniger versehen, daz ir euch seyn in dem, daz er selbs von eins capittels wegen neben andern gehandelt und sich nu darinnen widersetzig macht, des er doch gar kein fug oder glympf hat, wie ir verstet, und er selbs nit hat verantworten mogen, solt angenommen und zubeschonen understanden haben. Aber wie dem, so lassen wir es bey dem, wie wir euch und gedachtem doctor Karlstat hievor in diser sachen geschriben, und begern nachmals wievor, doctor Karlhstat zu weysen, von seinen furnemen abzusteen, domit wir zu anderer handlung nit verursacht werden. [3] Der statuta halben hetten wir uns euer furwendung und außflucht uber manchfeldige handlung und bewilligung gantz und gar nit versehen, dann wann ir euch recht entsynnen wolt, so werd ir leichtlich befinden, daz euch dermasen uber euer bewilligung zu understeen nit geburet, in dem, daz ir unns nast geschriben, ir wellet die statuta, weyl der probst wider komen und leße voltziehen, des wir bißher also gewarth und uns daruber keiner außflucht versehen, dann der articel der jurißdiction ist der maßen und mit den wortten gestalt, wie von eurn geschickten angeben wurden und sonderlich, daz es domit sol gehalden werden, wie babst Julii bulle inhelt und außweist. Und so es bey der bullen bleibt, so ist ye keynem teil wider bebstliche hailigkeit verordnung entwas abgewanndt oder entzogen, darumb uns on nodt, mit euch in rechtfertigung zubegeben, sonder werdt alleyn mudwille vermarckt mit aufrichtung der statuta zuvortziehen, und wir konden es auch fur meher anders ansehen, dann das ir euer bewilligung nit geleben und in der kirchen kein ordnung haben wolt, sondern das ein yder seins willens sein solt, daz uns gar nit leidlich. [4] Darumb begern wir, ir wellet nachmals die statuta euer forigen bewilligung und zuschreyben nach an veranderung zum furderlichsten aufrichten und voltziehen und das nit anders halden, domit wir der nodturft nach zu anderm furnemen nit geursacht werden. Dann wann die statuta euer bewilligung nach aufgericht, gelobt und voltzogen werden, so dann ymantz sich mit uns in rechtigung zu begeben bedacht sein wurdet, dem sol auf sein antzeige an angepurlicher und genediger antwort nit mangeln. Das haben wir euch nit verhalten wellen und geschieht daran unsere meynung.
Zitierempfehlung:
Nr. 555. In: Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung. Online-Edition: https://bakfj.saw-leipzig.de/print/555 [Datum des Zugriffs: 23.05.2025]
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