Klöster und Stifte in Kursachsen um 1520
Um 1520 erstreckte sich in den Grenzen des Kurfürstentums Sachsen eine dichte und hinsichtlich der vertretenen Orden vielfältig gestaltete Kloster- und Stiftslandschaft. Vor allem der thüringische Landesteil zeichnete sich durch eine hohe Konzentration geistlicher Institutionen aus, die nach Osten hin sukzessive abfiel. Kollegiatstifte existierten in Wittenberg, Altenburg, Gotha und Eisenach. Unter den Klöstern waren insbesondere Niederlassungen der Bettelorden zahlreich vertreten, die vorrangig in den urbanen Räumen Kursachsens siedelten und dort vielfach ein alternatives Angebot zur regulären Pfarrseelsorge unterbreiteten. Im ländlichen Raum waren Benediktiner und Zisterzienser präsent, die über weitreichenden Grundbesitz verfügten und deren Äbte die ernestinischen Landtage besuchten. Chorgebet und Seelsorge bestimmten die Aufgaben regulierter Kanoniker, die in Form von Augustiner-Chorherren und Prämonstratensern in Kursachsen vertreten waren.
Die Mehrheit der Frauenklöster lebte unter der Benediktsregel. Dabei befolgten viele dieser Ordenshäuser in unterschiedlicher Dauer auch zisterziensische Gewohnheiten. Jedoch hatte am Beginn des 16. Jahrhunderts ein größerer Teil der Nonnenkonvente diese mutmaßlich aufgegeben. Die von den Benediktinern ausgehende Bursfelder Reform, der sich unter landesherrlicher Förderung auch vier der fünf Benediktinerklöster in Kursachsen anschlossen, strahlte in dieser Zeit vereinzelt auch auf die unter der Benediktsregel lebenden Frauenklöster aus. Daneben existierten in Kursachsen Niederlassungen von Dominikanerinnen, Magdalenerinnen und Augustiner-Chorfrauen.
Am Vorabend der Reformation schenkten die Ernestiner den Klöstern und Stiften in ihrem Herrschaftsbereich großes Interesse. Durch ihr frommes Gebet sollten Mönche, Nonnen und Kanoniker das Gedeihen von Land und fürstlicher Herrschaft fördern, weshalb Friedrich und Johann von Sachsen als Schutzherren der geistlichen Institutionen auftraten und sich für den Erhalt oder die Wiederherstellung alter Regelstrenge einsetzten. Besonders die Testamente der Fürsten zeigen das Interesse der ernestinischen Landesherren an den Klöstern: So hatte Friedrich das Benediktinerkloster Reinhardsbrunn 1493 als Begräbnisstätte vorgesehen, sollte sich die Reform des Klosters nach Bursfelder Vorbild positiv entwickeln. Noch 1516 bzw. 1517 verfügten Friedrich und Johann in ihren Testamenten, dass in etwa 50 Klöstern und Stiften ihres Territoriums für ihr Heil gebetet werden sollte, wofür sie die einzelnen Institutionen mit Stiftungen bedachten.
Die Karte verzeichnet die Klöster, Kommenden, Beginenhäuser und Stifte in den Grenzen des ernestinischen Herrschaftsgebiets gemäß der in den Regesten der Edition vorgenommenen institutionellen Klassifizierungen und Ordenszuweisungen. Diese erscheinen in der Legende in alphabetischer Ordnung. Nicht aufgenommen wurden Terminierhäuser, Klosterhöfe und Propsteien, die auch außerhalb des Kurfürstentums liegen konnten.
Das wettinische Herrschaftsgebiet nach der Mutschierung 1513
Kursachsen besaß unter den Territorialfürstentümern des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im späten Mittelalter eine besondere Stellung. Ein Grund dafür lag in der räumlichen Ausdehnung des wettinischen Besitzes, der nach demjenigen der Habsburger der zweitgrößte im Reich war. Das Herrschaftsgebiet der Wettiner war im Laufe des Mittelalters durch Erbschaften, Tausch oder Kauf zusammengekommen und umfasste am Ende des 15. Jahrhunderts etwa 21780 km². Zwar wurde dieser Besitz in der Leipziger Teilung von 1485 zwischen den Brüdern Ernst (1441–1486) und Albrecht (1443–1500) nach einer langen Phase der gemeinsamen Regierung aufgespalten, jedoch änderte dies zunächst nichts an der politischen Bedeutung von Kursachsen im Gefüge des Reiches.
Nach der Leipziger Teilung bestanden ein ernestinisches Kurfürstentum und ein albertinisches Herzogtum, die im Hinblick auf ihre territoriale Zusammensetzung wenig geschlossen oder zusammenhängend waren. Zum Kurfürstentum zählten noch der sogenannte Kurkreis um Wittenberg, der nicht geteilt wurde, und Territorien in Thüringen, Franken, dem Vogtland und im meißnischen Kreis mit den Zentralorten Weimar, Gotha, Eisenach, Coburg, Altenburg, Torgau, Colditz, Grimma und Zwickau. Im Kurkreis lag auch der etwa 40 Kilometer von Wittenberg entfernte Amtsort Lochau, in dem es ein Schloss gab. Darin hielt sich Friedrich der Weise an seinem Lebensende am häufigsten auf und starb hier auch 1525.
Die Albertiner erhielten in der Leipziger Teilung den meißnischen Landesteil mit Dresden, Chemnitz und Freiberg sowie einen Streifen, der von Leipzig im Osten bis nach Sangerhausen im Norden und Langensalza im Westen reichte. Durch die enge geographische Verzahnung der ernestinischen und albertinischen Herrschaftsgebiete sollte ein zu starkes politisches und wirtschaftliches Auseinanderdriften verhindert werden. Zudem bestanden gemeinsame Zuständigkeiten fort. So wurden die Einnahmen aus den Bergwerken zwischen Ernestinern und Albertinern aufgeteilt. Auch blieben die Schutzherrschaften über die Außenposten in Schlesien, über die Städte Erfurt, Nordhausen, Mühlhausen und Görlitz sowie über das Hochstift Meißen einschließlich des Wurzener Stiftsgebiets in der Zuständigkeit beider Linien.
Das Jahr 1513 markiert innerhalb der kursächsischen Geschichte einen deutlichen Einschnitt. Im Sommer vereinbarten Friedrich der Weise und Johann der Beständige eine Mutschierung, eine Aufteilung der Verwaltungsaufgaben und territorialen Zuständigkeitsbereiche bei Beibehaltung des Gesamtbesitzes, da Friedrich vermehrt über gesundheitliche Probleme klagte und er die seit 1486 praktizierte Aufgabenteilung auf ein rechtliches Fundament stellen wollte. Dies führte dazu, dass Johann seine Hofhaltung in Weimar ausbaute, während sich Friedrich vor allem in Torgau und Wittenberg als seinen Hauptresidenzen aufhielt. Oft war er aber auch in Altenburg, Colditz oder Lochau. Johann verwaltete ab 1514 Thüringen, das Vogtland und die Pflege Coburg, Friedrich hingegen den Kurkreis und den meißnischen Landesteil. Die Mutschierung wurde nicht in einem Vertrag geregelt, sondern im Sommer 1513 mündlich im Beisein von Räten abgesprochen. In den Quellen wird sie auch als „brüderliche Abrede“ bezeichnet. Sie sollte ab 1514 wirksam sein, also unter Berücksichtigung des geltenden Weihnachtsstils ab Weihnachten 1513. Die bei diesen Gesprächen ausgetauschten Zettel sind vollständig erhalten und werden in der vorliegenden Edition mitgeteilt.
Kursachsen und die Bistumseinteilung um 1500
Die Beziehungen zu den mitteldeutschen Bischöfen und Domkapiteln gestalteten sich durchaus vielfältig. Seit der Leipziger Teilung hatten die Ernestiner die Schutzherrschaft über das Hochstift Naumburg inne, während die Albertiner die Schutzherrschaft über das Hochstift Merseburg ausübten. Beide Linien teilten sich die Schutzrechte über das Stiftsgebiet Meißen. Gemäß dieser Regelung vertraten kursächsische Gesandte Bischof Johann III. von Naumburg († 1517) auf Reichstagen oder setzten sich gegenüber dem Reich für dessen Anliegen ein. Diese Maßnahmen waren durch die kursächsische Schutzherrschaft über das Bistum Naumburg gerechtfertigt.