[1] Lorenz Schlamau, Ulrich von Dienstedt, Matthäus Beskau, Otto Beckmann, Sebastian Küchenmeister, Georg Elner und Johann Volmar, [Stiftsherren am Allerheiligenstift zu Wittenberg], erinnern Kf. Friedrich an die Botschaft [Nr. 1346], die ihnen Gregor Brück im Auftrag des Kf. hinsichtlich der Neuerungen bei der Messe, welche die Wittenberger Augustinereremiten vorgenommen haben, überbracht hat. [2] Da dies auch Auswirkungen auf die Allerheiligenstiftskirche haben wird, die [Stiftsherren] laut ihren Statuten jedoch keine Neuerungen ohne Einwilligung des Kf. einführen dürfen, teilen sie ihm ihren Kenntnisstand in der Angelegenheit mit. Die bisherigen Korrespondenzen [Nr. 1356 und Nr. 1363] zwischen dem Ausschuss und Kf. Friedrich in der Angelegenheit kennen sie nicht. [3] Die Augustinereremiten beharren auf der Einstellung der Messe. Diejenigen Mönche, welche die Messe lesen wollen, werden von den anderen davon abgehalten. Ihr Prediger, Bruder Gabriel [Zwilling], predigte öffentlich gegen die Messe und gegen die Anbetung des Sakraments. Er ermuntert die Mönche zum Klosteraustritt. [4] Der Propst [des Allerheiligenstifts Justus Jonas] rief in einer öffentlichen Predigt dazu auf, die Stiftungen und Seelmessen, da sie unnütz und Gotteslästerung seien, abzuschaffen, was dazu führte, dass etliche bereits ihre Jahrtage an der Allerheiligenstiftskirche widerrufen haben und an anderen Kirchen halten lassen. Auch der Zettel mit dem Aufruf, für den Kf. zu beten, wurde zerschnitten. Wenn die Aussagen des Propstes stimmen, dann wäre die bisherige Stiftungspraxis ein Irrtum der Gelehrten und Konzilien, und die Stifter wären verführt worden. Falls tatsächlich Änderungen notwendig sind, meinen Schlamau, Dienstedt, Beskau, Beckmann, Küchenmeister, Elner und Volmar, dass diese nicht zu abrupt vorgenommen werden dürfen. [5] Sie sind bereit, ihr Priesteramt, für das sie vom Kf. ein Einkommen erhalten, auszuüben. Andere Angehörige des Stifts, die ihre Ämter nicht versehen, nehmen trotzdem entgegen den Statuten Präsenzgelder ein. Es ist zu befürchten, dass die Vikare und Kapläne diesem Beispiel folgen. Der Dekan [Lorenz Schlamau] klagt, dass er für die neue kfl. Stiftung [Nr. 927] keine Priester findet. [6] Augustinermönche, ein Priester sowie ein Kaplan in der Pfarrkirche teilten das Abendmahl unter beiderlei Gestalt aus. Um Schaden vom Stift und dem Haus Sachsen abzuwenden, soll es bis zu einer Entscheidung bei der Austeilung unter einer Gestalt bleiben. [7] Gabriel [Zwilling] schmähte auf dem Predigtstuhl die geistlichen Orden und redete schändlich über die Messe und die Priester. Er lobte, dass der Propst [Justus Jonas] einen Mönch davon abhielt, die Messe nach altem Brauch zu halten. [8] [Justus Jonas] predigte am 31. Oktober und 1. November gegen den Ablass, entgegen dem Wunsch Kf. Friedrichs, den Ablass nicht zu erwähnen. Außerdem verwarf er nochmals die Vigilien und Seelmessen. Schlamau, Dienstedt, Beskau, Beckmann, Küchenmeister, Elner und Volmar wollen den bisherigen Brauch aber beibehalten. [9] [Justus Jonas] übermittelte ihnen die Bitte des Stadtrats, Philipp [Melanchthon] die Predigerstelle in der Pfarrkirche zu übertragen. Sowohl der Propst als auch sie lehnen es ab, diese durch das Kapitel zu besetzende Stelle einem Laien zu übertragen. Außerdem begehrte der Rat, dass die Bruderschaften in der Pfarrkirche aufgelöst werden, was ebenso abgelehnt wird. Der Vorschlag, die Vikarie des Urban [Rauch] für Bedürftige umzuwidmen, soll nicht umgesetzt werden, da es sich um eine kfl. Stiftung handelt. [10] Schlamau, Dienstedt, Beskau, Beckmann, Küchenmeister, Elner und Volmar bitten Kf. Friedrich, diese Handlungen zu unterbinden und ihren Bericht gnädig anzunehmen.
Zitierempfehlung:
Nr. 1374. In: Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung. Online-Edition: https://bakfj.saw-leipzig.de/print/1374 [Datum des Zugriffs: 05.08.2025]
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