[1] Martin Luther teilt Kf. Friedrich mit, dass er sich durch göttliche Hilfe nach Wittenberg begeben hat. Er ist sich sicher, dass er gegen den Willen Kf. Friedrichs gehandelt hat. Es scheint, dass daraus Gefahr nicht zuletzt für Luther selbst, der durch päpstliche und ksl. Befehle verbannt und verdammt ist, entsteht. Was sollte Luther aber tun? Gott hat ihn zu diesem Schritt gezwungen und gerufen. Es geschieht im Namen Jesu Christi, der Herr ist über Leben und Tod. [2] Damit Kf. Friedrich nicht denkt, dass sich Luther völlig unerwartet gegen den kfl. Willen und ohne Wissen und Einwilligung des Kf. aus menschlichem Mutwillen zurück zu der Universität und in die Stadt Wittenberg begeben hat, will ihn Luther über seine Gründe unterrichten. Keinesfalls ist er aus Missachtung der Autorität Ks. [Karls V.] oder einer anderen Obrigkeit zurückgekehrt. Der Obrigkeit muss man zwar nicht immer Gehorsam leisten, nämlich dann nicht, wenn sie etwas gegen das Wort Gottes vornimmt, trotzdem soll man sie ehren. Durch Luther begann das neue Wesen [der Kirche zu Wittenberg]. Gott berief ihn zu einem Diener der Gemeinde. Deshalb musste er aufgrund christlicher Liebe und Treue dorthin zurückkehren. Auch wenn viele Leute dieses in Wittenberg begonnene Reformwerk verdammen, weiß Luther, dass sein Wort und Werk nicht aus ihm selbst, sondern aus Gott kommen. [3] Zudem musste Luther zurückkehren, weil sich in der Zwischenzeit der Satan der Herde bemächtigt hat. Alle Welt nimmt diese Entwicklung zu Recht wahr, gegen die Luther persönlich, nicht nur durch Briefe vorgehen muss. Auf weltliche Gnade oder Ungnade kann er keine Rücksicht nehmen, weil Gott ihm diese Gemeinde anbefohlen hat. Über seine Rückkehr konnte nicht diskutiert werden. Er ist sogar bereit, für diese Gemeinde den Tod auf sich zu nehmen. Schriften hätten da nichts geholfen. [4] Schließlich fürchtete sich Luther vor einem großen Aufruhr, durch den Gott die deutsche Nation strafen wird. Das Evangelium wird im Volk gern aufgenommen, aber fleischlich verstanden. Der Aufruhr wird durch diejenigen angefacht, die ihn eigentlich stillen sollten. Nachdem die geistliche Tyrannei durch Luthers Schriften geschwächt wurde, muss nun auch die weltliche Gewalt dem Evangelium weichen. Luther will mit seinen Mitstreitern (freunden) versuchen, das Urteil Gottes abzuwenden, und beruft sich dafür auf Ez [13,5 und 22,30]. Auch wenn es Luthers Feinden lächerlich ist, muss er so handeln, denn im Himmel wird es anders beschlossen als auf der Erde. Luther hat noch weitere Gründe für seine Rückkehr nach Wittenberg, die aber angesichts des bedrohten Evangeliums nicht ins Gewicht fallen. [5] Luther bittet Kf. Friedrich um Verzeihung, dass er ohne sein Wissen und seine Zustimmung nach Wittenberg zurückgekehrt ist. Kf. Friedrich soll über die Ursachen nachdenken. Kf. Friedrich ist nur sein Herr im Hinblick auf weltliches Gut und den Leib. Christus ist aber der Herr der Seele, der Luther gesandt und erweckt hat. Christus wird ihn vor seinen Feinden schützen. Es geschieht Gottes Wille. Kf. Friedrich soll kein Leid geschehen. Das weiß Luther sicher.
Zitierempfehlung:
Nr. 1514. In: Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung. Online-Edition: https://bakfj.saw-leipzig.de/print/1514 [Datum des Zugriffs: 14.06.2025]
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